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Ist Herborn barrierefrei?

Eine bewegende Begegnung mit Tobias K. (26), der seit Juni 2013 nach einer Querschnittslähmung an seinen Rollstuhl gebunden ist. Er gewährte Bürgermeisterkandidatin Katja Gronau Einblicke in ein anderes Leben in unserer Gesellschaft und wirft viele Fragen auf.

Problemstellungen, die einem Menschen ohne Handicap überhaupt nicht bewusst sind. Ist Mobilität in aller Munde, ist diese für einen Rolli-Nutzer oftmals ein Riesenproblem. „Ich komme vom Gymnasium nicht einmal zum Aldi in derselben Straße.“

 

Problem: Behindertengerecht abgesenkte Bordsteine im Bereich der GBS-Wohnanlage sind vorhanden. Die Fahrt geht Richtung Tankstelle Bell Oil und endet auch dort am hohen Bordstein, der nicht ohne Sturz zu überwinden ist. Einkaufen im dahinter liegenden Aldi-Markt Fehlanzeige.

Dies ist nur eine von vielen Stellen in Herborn, die nicht barrierefrei ist. An allen innerörtlichen Straßenneubauten, Kreisverkehre, Kreuzungen, etc. werden Absenkungen für Rollstuhlfahrer vorgenommen, und – sie enden meist an der nächsten Kreuzung - d.h. sie bleiben eine Insellösung. Am anderen Ende einer Straße fehlt der Anschluss zum sicheren Verlassen des Gehweges ohne Bordstein und Überqueren der Straße.

 

Weitere Mobilitätsprobleme:

  • „Gleis 1, Bahnhof Herborn, Fahrtrichtung Wetzlar, barrierefrei, Ein- und Ausstieg sind ohne Probleme zu bewältigen.
  • Gleis 2, nebenan, Fahrtrichtung Dillenburg, kein Einstieg, aber Ausstieg für Rollis möglich, aber Endstation zwischen den Gleisen. Hier geht es nicht weiter. Kein Entkommen aus dem Bahnhof, ohne über die Treppen getragen werden zu müssen.
  • Einige Gehwege in der Innenstadt sind derart reparaturbedürftig, dass sie für Rollstuhlfahrer ohne fremde Hilfe unpassierbar sind.
  • Es gibt nur eine einzige „Behindertentoilette“ in der Stadt, am Stadtpark. Sie lässt sich auch mit einem sogenannte Euro-WC-Schlüssel öffnen. Das ist gut so, aber nur eine barrierefreie Toilette ist zu wenig.
  • Ein deutschlandweites Problem: Behindertenparkplätze sind oft zu schmal, insbesondere, wenn ein Rolli seitlich Platz für eine Rampe zum Ein- und Aussteigen benötigt.

Die Aufzählung ließe sich unbegrenzt fortsetzen.

 

Es war ein gutes Gespräch mit Tobias K., das die Augen geöffnet hat und die einfachsten und selbstverständlichsten Dinge im Leben in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen.

 

„Als Bürgermeisterin habe ich unter meinen Leitbildern – "Wertschätzung" - einen Schwerpunkt Barrierefreiheit gesetzt, auf die Belange für Menschen mit Handicap eingehen, und mich für eine Optimierung ihrer Fortbewegung in unserer Stadt im Sinne einer verbesserten Lebensqualität stark machen.“

 

Danke Tobias K. für die aufrichtigen Informationen, die Einblicke in dein Leben und für die geschenkte Zeit.